Micromanagement killt die Extrameile – oder: Warum Kontrolle manchmal das Gegenteil von Vertrauen ist

„Ich bin bereit, die Extrameile zu gehen!“ – Wenn ich für jedes Mal, dass ich diesen Satz in Vorstellungsgesprächen gehört habe, einen Euro bekommen hätte, würde ich diese Kolumne wahrscheinlich gerade aus meiner Strandvilla auf Bali schreiben.

Und ja, ich war auch so ein Kandidat. Immer der Erste im Büro, oft der Letzte, der den Laden verlassen hat – nicht, weil ich mit meiner Arbeit nicht hinterherkam, sondern weil ich einfach mehr wollte. Mehr lernen. Mehr leisten. Mehr erreichen. Kurz: Ich bin jeden Tag eine Meile extra gegangen – freiwillig und mit voller Überzeugung.

Tja, bis mein damaliger Vorgesetzter das Micromanagement-Handbuch offenbar unter dem Kopfkissen gefunden hat.

Micromanagement: Die Kunst, gute Mitarbeiter zu vergraulen

Wenn man plötzlich jede E-Mail dokumentieren, jeden Anruf rechtfertigen und sogar den Kaffeekonsum tracken muss, dann geht die Motivation ganz schnell den gleichen Weg wie die gute Stimmung auf der Weihnachtsfeier nach dem dritten Glühwein – bergab.

Denn wer unter permanenter Kontrolle steht, der fragt sich irgendwann: Wozu soll ich eigentlich mehr geben, wenn es eh nicht reicht?
Aus der Bereitschaft zur Extrameile wird ganz schnell ein Dienst nach Vorschrift. Aus Engagement wird Frustration. Und aus Hochleistung wird… naja, Excel-Tabelle mit 27 Kontrollspalten.

Kontrolle ist nicht gleich Führung

Natürlich – es gibt Ausnahmen.
Manche Führungskräfte kontrollieren, weil sie verstehen wollen, warum jemand so gut performt. Das fühlt sich dann gar nicht wie Kontrolle an, sondern eher wie Wertschätzung – fast schon wie ein High-Five mit Reporting-Funktion.

Oder es gibt den Fall, dass eine Führungskraft merkt: Oh je, da läuft was schief. Dann kann mehr Struktur helfen, um gemeinsam wieder auf Kurs zu kommen. Fair enough.

Aber Hand aufs Herz: Der häufigste Grund für Micromanagement ist ein ganz anderer.
👉 Vertrauensmangel.
👉 Kontrollwahn.
👉 Und manchmal auch ganz banal: Angst davor, dass andere besser sein könnten.

Ja, ich weiß, das klingt hart – aber genau so passiert’s da draußen im echten Businessleben.

Ein echtes Beispiel aus dem Leben – leider kein Einzelfall

Warum mir das Thema gerade so unter den Nägeln brennt?
Ich hatte am Wochenende ein Gespräch mit einer Kandidatin aus dem Vertrieb. Anfangs hatte sie einen Vorgesetzten, der sinngemäß sagte: „Mach Umsatz, wie du willst – Hauptsache, du machst’s.“ CRM war optional, Vertrauen Pflicht. Die Extra-Meile? Für sie Standard. Überstunden, Kollegentermine übernehmen, immer 110 Prozent.

Heute?
Der gleiche Vorgesetzte hat mehr Assistenten als das Unternehmen Kaffeesorten im Automaten. Er kontrolliert alles. Jeden Klick. Jeden Termin. Jedes Wort im CRM.

Ergebnis: Die Kandidatin macht jetzt Dienst nach Vorschrift. Weil Micromanagement für sie einfach der absolute Killer ist. Vom Powerplayer zur Getriebenen – nur wegen eines Kontrollwahns, der vermutlich aus Unsicherheit geboren wurde.

Führung bedeutet Vertrauen – nicht Kontrolle

Diese Kandidatin hat in der Firma Höhen und Tiefen miterlebt, war loyal bis zur letzten Überstunde. Doch das hat sich durch die neue Führungskultur schlagartig verändert. Und sie ist nicht die Einzige – das Team bröckelt, Motivation geht flöten, die Fluktuation steigt.

Deshalb mein Appell an alle Führungskräfte da draußen:
Kontrolle ist gut – Vertrauen ist besser.
Traut euren Mitarbeitenden mehr zu. Lasst sie Verantwortung übernehmen. Und ja, Fehler gehören dazu. Aber hey, genau daraus lernt man doch – auch als Chef.

Was wir daraus lernen können:

  • Wer will, dass Mitarbeitende die Extrameile gehen, muss ihnen die Straße dafür freimachen – nicht jede Abzweigung per GPS überwachen.
  • Kontrolle killt Motivation schneller als jede Excel-Auswertung.
  • Vertrauen ist der neue Bonus – und der zahlt sich langfristig aus.

Und wenn Du gerade das Gefühl hast, dass Dein Team nicht mehr mitzieht: Frag Dich mal ehrlich, ob Du führst oder verwaltest.

Und falls Du Führung neu denken willst – oder einfach wissen willst, wie Du motivierte Talente findest, die wirklich bereit sind, die Extrameile zu gehen (ganz ohne Kontrollwahn) – dann melde Dich gern bei mir.

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