Ein leises Schnaufen unter dem Schreibtisch, ein wedelnder Schwanz im Konfi oder ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause – für viele Arbeitnehmer ist der Hund mehr als nur ein Haustier, er ist Familienmitglied, Stressbewältiger und Seelentröster in einem. Kein Wunder also, dass das Thema „Hunde am Arbeitsplatz“ immer häufiger auf dem Schreibtisch von Personalverantwortlichen und Unternehmern landet. Doch zwischen niedlichen Schnauzen und haarigen Problemen liegt oft ein arbeitsrechtliches Minenfeld.
In diesem Blogbeitrag zeige ich dir, was rechtlich erlaubt ist, welche Stolperfallen es gibt und wie du als Arbeitgeber eine tragfähige Regelung findest, die Hund und Team gerecht wird.
Warum überhaupt Hunde am Arbeitsplatz?
Gerade in Zeiten von Remote Work, Flexibilität und Fokus auf Mitarbeiterbindung erleben Hunde am Arbeitsplatz eine Renaissance. Unternehmen werben sogar aktiv damit, dass Hunde erlaubt sind, um als moderner, mitarbeiterfreundlicher Arbeitgeber wahrgenommen zu werden.
Die Vorteile aus unternehmerischer Sicht sind vielfältig:
- Stressreduktion: Studien zeigen, dass Hunde im Büro das Stresslevel senken. Die Interaktion mit Hunden erhöht nachweislich die Oxytocin-Ausschüttung – also das „Wohlfühlhormon“.
- Bessere Stimmung im Team: Hunde fördern informelle Gespräche, stärken den Zusammenhalt und bringen oft ein Lächeln ins Gesicht.
- Höhere Mitarbeiterbindung: Wer seinen Hund mitbringen darf, bleibt seinem Arbeitgeber häufig länger treu – gerade in angespannten Fachkräftemärkten ein echtes Plus.
- Aktive Pausen: Hundebesitzer gehen öfter mal an die frische Luft – das tut Körper und Geist gut.
Doch jeder Vorteil bringt auch Pflichten und Risiken mit sich. Und genau hier beginnt der rechtliche Teil.
Was sagt das Arbeitsrecht zu Hunden im Büro?
Zunächst: Es gibt kein generelles Gesetz, das das Mitbringen von Hunden am Arbeitsplatz regelt. Weder im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) noch im Arbeitszeitgesetz oder dem Bundesurlaubsgesetz steht explizit etwas dazu.
Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber entscheidet.
1. Das Hausrecht des Arbeitgebers
Laut § 106 Gewerbeordnung (GewO) hat der Arbeitgeber das sogenannte Weisungsrecht, also die Möglichkeit, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen – dazu gehört auch die Entscheidung, ob Hunde erlaubt sind oder nicht.
Beispiel:
Ein IT-Unternehmen in Berlin hat in seiner Betriebsordnung klar geregelt, dass Hunde erlaubt sind, sofern sie vorher angemeldet und versichert sind. In einem anderen Fall untersagte ein Steuerbüro in München das Mitbringen von Tieren grundsätzlich – mit Verweis auf Seriosität und Allergien im Team. Beides ist rechtlich zulässig.
Fallstricke und Grenzen: Wann Hunde im Büro problematisch werden
1. Allergien und Ängste im Team
Hier wird’s heikel: Wenn Mitarbeitende nachweislich allergisch auf Hunde reagieren oder unter Kynophobie (starker Angst vor Hunden) leiden, kann das die Duldung von Bürohunden einschränken oder sogar ganz verbieten.
Gerichtsurteil:
Das Arbeitsgericht Düsseldorf (Az.: 9 Ca 6567/09) entschied, dass die Angst einer Kollegin vor Hunden ein ausreichender Grund sei, einem Arbeitnehmer das Mitbringen seines Hundes zu untersagen – auch wenn der Hund zuvor über Monate problemlos mit im Büro war.
2. Hygienevorschriften
In bestimmten Branchen – etwa in der Lebensmittelproduktion, im Gesundheitswesen oder Laboren – sind Tiere aus hygienischen Gründen strikt verboten. Diese Einschränkungen ergeben sich aus spezialgesetzlichen Vorschriften wie der Lebensmittelhygieneverordnung oder dem Infektionsschutzgesetz.
3. Haftungsrisiken
Was, wenn der Hund zubeißt oder etwas beschädigt? In solchen Fällen haftet in der Regel der Hundehalter – also der Mitarbeitende. Doch der Arbeitgeber kann in Mithaftung genommen werden, wenn er nicht sorgfältig geprüft hat, ob der Hund geeignet ist.
Deshalb wichtig:
- Hundehaftpflichtversicherung als Voraussetzung
- schriftliche Vereinbarung über Haftung und Regeln
Praxisbeispiel: Wenn der Hund zum Kündigungsgrund wird
Ein spannender Fall:
Ein Mitarbeiter brachte seinen nicht angeleinten Hund regelmäßig ins Büro, obwohl es Beschwerden von Kolleg*innen gab. Der Hund bellte, sprang Besucher an und hinterließ „Duftspuren“ im Eingangsbereich. Der Arbeitgeber sprach mehrfach Abmahnungen aus und kündigte dem Mitarbeiter schließlich. Dieser klagte.
Das Arbeitsgericht Bonn (Az.: 5 Ca 1201/13) gab dem Arbeitgeber recht: Das Verhalten des Mitarbeiters – nicht des Hundes! – rechtfertigte die Kündigung. Denn er ignorierte wiederholt Anweisungen und gefährdete den Betriebsfrieden.
Was du als Arbeitgeber beachten solltest – eine Checkliste
Damit das Projekt „Bürohund“ nicht im Chaos endet, sondern wirklich ein Gewinn fürs Team wird, empfehle ich folgende Schritte:
✅ Klare Grundsatzentscheidung treffen
- Sind Hunde in eurem Unternehmen grundsätzlich erlaubt?
- Wenn ja, in welchen Bereichen und unter welchen Bedingungen?
✅ Regelungen schriftlich festhalten
- Betriebsvereinbarung oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag
- Regeln zu Leinenpflicht, Versicherung, Sauberkeit, Verhalten
✅ Gesundheits- und Sicherheitsaspekte prüfen
- Allergien im Team abfragen
- Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
- Erste-Hilfe-Regelungen für den Fall eines Zwischenfalls
✅ Eignung des Hundes prüfen
- Ist der Hund sozialverträglich?
- Ist er geimpft, haftpflichtversichert und stubenrein?
- Kann der Halter garantieren, dass der Hund niemanden stört?
✅ Kommunikation ins Team
- Offenes Gespräch mit allen Beteiligten
- Rücksichtnahme fördern
- Feedback regelmäßig einholen
Hunde als Teil der Unternehmenskultur?
Wer Hunde erlaubt, öffnet mehr als nur die Tür zum Büro – man macht sich auch ein Stück weit verwundbar. Denn nicht jeder Hund ist ein Therapiehund, und nicht jedes Team freut sich über tierische Kollegen.
Doch richtig umgesetzt, kann das Mitbringen von Hunden ein starkes Zeichen für Vertrauen, Flexibilität und moderne Führung sein. Wichtig ist dabei die Verbindlichkeit in der Regelung und die Offenheit im Umgang.
Neue Wege in der Mitarbeiterbindung
In Zeiten, in denen sich viele Unternehmen fragen, wie sie gute Leute halten können, ist die Hundetoleranz ein kleiner, aber nicht unbedeutender Mosaikstein. Und auch im Recruiting ist das Thema nicht zu unterschätzen: In Stellenanzeigen tauchen immer häufiger Formulierungen auf wie „Hunde willkommen“ – ein Sympathiebooster, gerade bei jüngeren Talenten oder tierlieben Bewerber*innen.
Alternativen zum klassischen „Bürohund“
Nicht jedes Unternehmen kann oder will Hunde dauerhaft im Büro haben. Hier ein paar kreative Alternativen:
- Hundedays: Bestimmte Wochentage, an denen Hunde erlaubt sind
- Dogsharing unter Kollegen: Einer bringt den Hund, andere profitieren mit
- Bürohund auf Probe: Vierbeiniger Besuch für ein paar Wochen – z. B. aus dem Tierheim
- Co-Working-Spaces mit Hundeerlaubnis: Besonders für Startups oder Freelancer interessant
Aus der Praxis: Drei Beispiele, drei Wege
- Startup in Köln: Hundefreundliches Office mit separatem Ruheraum für Hunde, regelmäßige Spaziergänge in der Mittagspause als Teamritual.
- Versicherung in Stuttgart: Verbot von Tieren im Gebäude – stattdessen Zuschuss für Hundebetreuung während der Arbeitszeit.
- IT-Agentur in Leipzig: Jeder Mitarbeitende darf einen „Hundetag“ pro Woche beantragen – nur ein Hund gleichzeitig im Büro erlaubt.
Diese Beispiele zeigen: Es gibt nicht die eine Lösung, sondern viele Wege – Hauptsache, sie passen zur Kultur und zur Struktur des Unternehmens.
Was du mitnehmen solltest
Das Thema Hunde am Arbeitsplatz ist mehr als nur eine Lifestyle-Frage. Es berührt Arbeitsrecht, Unternehmenskultur und ganz konkrete organisatorische Fragen. Mit einer klaren Haltung, fairen Regeln und etwas Fingerspitzengefühl lässt sich ein tierfreundliches Arbeitsumfeld schaffen, das allen Beteiligten – Zwei- und Vierbeinern – guttut.
Persönliche Notiz
Ich bin kein Rechtsanwalt und dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar. Ich teile hier mein Wissen und meine Erfahrungen aus der Praxis mit dir. Wenn du in deinem Unternehmen eine konkrete Regelung treffen möchtest oder ein individueller Fall vorliegt, solltest du unbedingt deinen Firmenanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen.