Kündigungen sind wie Trennungen. Mal laut, mal leise, mal dramatisch – selten schön. Und genauso wie bei einer Beziehung bleibt oft das letzte Gefühl hängen. Blöd nur, wenn dieses Gefühl irgendwo zwischen „Ich bin Luft für euch“ und „Hat der Admin gerade wirklich gesagt, ich sei gefeuert?“ liegt.
Ein Jobwechsel ist keine Seltenheit. Jede*r von uns war schon mal in der Situation: raus aus dem alten Job, rein ins neue Abenteuer – ob freiwillig oder… sagen wir mal: überraschend. Aber was bleibt, ist die Erinnerung an den Abschied. Und genau hier trennt sich die Spreu vom HR-Weizen.
Ich kann da aus dem Nähkästchen plaudern – gleich mehrfach.
🧨 Fall 1: Corona, Currywurst & Kündigung
Damals – noch leicht verkatert vom letzten Teamessen mit der Geschäftsleitung – lag ich krank mit Corona im Bett. Offiziell: arbeitsunfähig. Inoffiziell: bereits aussortiert. Mein E-Mail-Zugang war plötzlich gesperrt. Da dachte ich noch, naja, Technik halt. Ein Anruf beim Admin sollte Klarheit bringen – und der brachte direkt die Kündigung mit: „Ach, du weißt es noch gar nicht? Du bist gekündigt.“
Wie bitte?! Mein Team wusste es längst. Die überregionalen Kolleg*innen auch. Nur ich – ich erfuhr es als Letzte. Kein Gespräch. Kein Hinweis. Einfach zack – raus. Herzlichen Glückwunsch, Sie haben soeben die schlechteste kununu-Bewertung gewonnen.
Im Nachhinein war’s gut – ich hab mich selbstständig gemacht, und heute schreibe ich solche Kolumnen. Aber trotzdem: Was für ein Abgang!
🍾 Fall 2: Versprochene Party, geplatzter Korken
Ein anderes Mal hatte ich selbst gekündigt. Die Reaktion? Erstaunlich positiv! Der Gründer wollte extra aus Finnland anreisen – große Abschiedsparty, emotionale Reden, Tränen in den Augen. Der Geschäftsführer wollte auch da sein. Ich war schon fast gerührt.
Aber dann: nichts. Keine Party. Keine Rede. Keine Tränen – höchstens bei mir. Statt Dankbarkeit kamen nur Ausreden. So viel zum Thema Wertschätzung. Das „Geschmäckle“ war nachhaltig, leider nicht im guten Sinne.
🧭 Was läuft hier eigentlich schief?
Offboarding scheint für viele Unternehmen immer noch ein Fremdwort zu sein – oder wahlweise ein lästiger Punkt auf der To-do-Liste. Dabei kann man gerade in dieser Phase zeigen, wie ernst man das Thema Unternehmenskultur wirklich nimmt.
Es fängt schon vorher an: mit Kommunikation.
Wenn eine Mitarbeiterin überlegt zu gehen, muss das kein Grund zur Panik sein – sondern zur Offenheit. Vielleicht gibt’s einen Weg, gemeinsam weiterzugehen. Vielleicht kann man Aufgaben umverteilen, Perspektiven bieten, Veränderungen zulassen. Aber das geht nur, wenn man miteinander spricht.
💬 Kündigung ≠ Einbahnstraße
Wenn die Kündigung vom Unternehmen ausgeht, bitte nicht einfach die Kündigung auf den Tisch knallen und hoffen, dass der*die Betroffene damit schon klarkommt. Eine Sozialauswahl ist keine Option – sie ist Pflicht. Und manchmal ist jemand gar nicht das Problem – sondern einfach am falschen Platz. Also: prüfen, ob es innerhalb des Unternehmens Alternativen gibt. Und auch hier wieder: reden!
Und wenn der*die Mitarbeitende kündigt? Dann habt ihr noch eine letzte Chance. Das sogenannte Stay-Interview – also: Warum gehst Du? Was könnten wir besser machen? Manchmal ist es zu spät. Aber manchmal ist es auch nur eine Kleinigkeit, die man lösen könnte – wenn man wollte.
🧾 Offboarding mit Haltung
Kommt es zum Abschied – aus welchem Grund auch immer – dann bitte mit Anstand. Offboarding ist nicht: Laptop abgeben, Zugang sperren, tschüss. Offboarding ist ein Prozess – mit Übergabe, Wertschätzung und vielleicht sogar einem klaren „Danke für Deine Zeit hier“.
Ein gut gemachtes Offboarding beinhaltet:
- ein persönliches Abschlussgespräch auf Augenhöhe
- ggf. Unterstützung bei der Jobsuche (Netzwerk öffnen!)
- ein wohlwollendes, ehrliches Empfehlungsschreiben
- eine echte Verabschiedung im Team – keine Alibi-Mail
Warum das alles?
Weil das letzte Gefühl zählt. Und weil Menschen reden. Gerade in Bewertungsportalen, auf Messen oder am Stammtisch. Und das Employer Branding fängt nicht beim fancy Onboarding-Plan an – sondern beim respektvollen Exit.
🤝 Der Mensch geht, das Gefühl bleibt
Und nochmal: Ja, jede*r ist ersetzbar – aber nicht austauschbar. Wenn Du jemanden mal eingestellt hast, gab es einen Grund. Also verabschiede diese Person auch mit dem Respekt, den sie verdient. Denn wie Du heute gehst, beeinflusst, wie andere morgen bleiben.
💡 Letzter Gedanke:
Aktuelle Mitarbeiterinnen kennen das Unternehmen, die Prozesse, die Macken der Führungskräfte (ja, auch die). Neue Kolleginnen müssen sich das alles mühsam erarbeiten – und viele kündigen innerhalb der ersten 100 Tage, weil das Onboarding genauso schräg ist wie das Offboarding davor. Zufall? Wohl kaum.
In diesem Sinne: Offboarding ist kein Abgang – es ist ein letzter Eindruck. Und der sollte sitzen.