Seit Wochen wird das Thema Krankenstand und seine Ursachen in der Presse intensiv diskutiert. Ob Berichte über steigende Fehlzeiten in Unternehmen oder Diskussionen über die Einführung neuer Regelungen – das Thema dominiert Schlagzeilen und Talkrunden gleichermaßen. Prominente Beispiele sind etwa die jüngste Debatte um flexiblere Arbeitszeitmodelle oder die Berichterstattung über Branchen mit besonders hohen Krankenständen, wie etwa die Pflege oder das Gastgewerbe. Unternehmen und Regierung stellen sich zunehmend die Frage, wie sich Krankenstände senken lassen und warum manche Betriebe besonders stark betroffen sind. Doch um das Problem anzugehen, lohnt es sich, genauer hinzuschauen: Was steckt hinter den Krankmeldungen? Wie beeinflussen Unternehmenskultur und Motivation das Verhalten der Mitarbeiter? Und wie kann ein Betrieb Anreize schaffen, um Fehlzeiten zu minimieren, ohne dabei Druck oder Sanktionen auszuüb en?
Sind Mitarbeiter wirklich krank – oder nur „krankgeschrieben“?
Führungskräfte fragen sich oft, ob ihre Mitarbeiter tatsächlich krank sind oder nur einen „gelben Urlaubsschein“ haben. Diese Vermutung entsteht häufig durch betriebliche Belastungen oder auffällige Fehlzeitenmuster, wie etwa regelmäßige Krankmeldungen an Brückentagen. Ein mangelndes Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten, sowie ein unzureichendes Betriebsklima, können diese Zweifel zusätzlich verstärken. Solche Skepsis schadet jedoch oft mehr, als sie nützt, da sie das Arbeitsklima weiter belastet und das Vertrauen zwischen den Beteiligten untergräbt. Besonders auffällig ist es, wenn Krankmeldungen bevorzugt an Montagen oder Freitagen eingehen – oder unmittelbar nach Gesprächen über geplante Urlaube. Diese Skepsis hat ihren Ursprung in einer Mischung aus schlechten Erfahrungen und unzureichender Kommunikation.
Doch eins sollte klar sein: Wenn jemand krank ist, gehört er nach Hause – nicht ins Büro. Studien zeigen, dass krank zur Arbeit kommende Mitarbeiter nicht nur weniger produktiv sind, sondern auch das Risiko erhöhen, andere anzustecken. Laut einer Untersuchung der Techniker Krankenkasse steigt die Wahrscheinlichkeit von Folgeerkrankungen im Team um bis zu 25 %, wenn Infektionskrankheiten verschleppt werden. Solche Situationen führen nicht nur zu weiteren Ausfällen, sondern können auch langfristige Schäden an der Gesundheit der Betroffenen verursachen. Ein gutes Beispiel aus der Praxis ist die Grippewelle 2018, die laut Gesundheitsberichten für eine signifikante Zunahme von Fehlzeiten in Unternehmen verantwortlich war. Solche Zahlen verdeutlichen die Wichtigkeit, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen und bei Krankheit zu Hause zu bleiben. Leider gibt es immer noch Menschen, die trotz Fieber, Husten und laufender Nase zur Arbeit erscheinen. Das schadet nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern auch der Gemeinschaft. Solche Krankheitsübertragungen im Arbeitsumfeld könnten leicht vermieden werden, wenn Unternehmen und Mitarbeiter gleichermaßen Verantwortung übernehmen.
Die Rolle der Führungskraft: Ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen
In meiner Zeit als Führungskraft war es für mich immer ein Muss, kranke Mitarbeiter nach Hause zu schicken. Mein Ziel war klar: Ich wollte weitere Ausfälle im Team vermeiden und eine Kultur schaffen, in der sich niemand verpflichtet fühlt, krank zu erscheinen. Gleichzeitig gibt es aber auch Situationen, in denen eine Krankschreibung nicht bedeutet, dass man vollständig arbeitsunfähig ist.
Ein persönliches Beispiel: Beim Berlin-Marathon habe ich mir einst den Mittelfuß gebrochen. Trotz der Verletzung erschien ich am nächsten Tag im Büro – auf Krücken und mit hochgelegtem Fuß. Meine Kollegen waren sichtlich erstaunt und fragten mich, warum ich nicht zu Hause bleibe, um mich auszuruhen. Meine Antwort lautete: „Ich arbeite mit Kopf und Händen – nicht mit den Füßen.“ Dieses Engagement wurde von einigen als bewundernswert wahrgenommen und von anderen als übertrieben. Langfristig hatte es jedoch positive Auswirkungen auf das Team, da es eine Diskussion über Flexibilität und Eigenverantwortung anstieß. Die Kollegen fühlten sich motiviert, ebenfalls nach Lösungen zu suchen, anstatt sich bei jeder Schwierigkeit sofort krankzumelden. Gleichzeitig war es eine Gelegenheit, das Bewusstsein für individuelle Belastungsgrenzen und Teamzusammenhalt zu stärken. Obwohl ich krankgeschrieben war, erschien ich am nächsten Tag im Büro. Meine Kollegen waren überrascht und fragten mich, warum ich nicht zu Hause sei. Meine Antwort: „Ich arbeite mit Kopf und Händen – nicht mit den Füßen. Mein Bein kann ich auch hier hochlegen.“ Diese Einstellung war für mich selbstverständlich, aber ich weiß, dass sie nicht auf alle Arbeitsumfelder übertragbar ist.
Warum steigen die Krankenstände in manchen Unternehmen?
Die Antwort liegt oft in der Unternehmenskultur. In Betrieben mit hohen Krankenständen herrscht häufig ein schlechtes Arbeitsklima, unzureichende Führung oder mangelnde Wertschätzung für die Mitarbeiter. Kollegen, die sich nicht unterstützt fühlen oder keinen Bezug zu ihrem Team haben, sind schneller geneigt, sich krankzumelden – sei es aus Überforderung, Frustration oder schlicht mangelnder Motivation.
Heute ist es leider einfacher denn je, eine Krankschreibung zu erhalten. Schon vor Jahrzehnten gab es Ärzte, die für ihre lockeren Regeln bekannt waren. Ein Beispiel aus meinem eigenen Umfeld: Ein befreundeter Allgemeinmediziner wurde von vielen als „Doc Holiday“ bezeichnet, weil er selbst beim Abendbier bereits Krankschreibungen besprach. Solche Ärzte sind zwar nicht die Regel, aber sie existieren – und das zeigt, wie wichtig es ist, die wahren Ursachen von Fehlzeiten anzugehen.
Motivation statt Sanktionen: Wie Unternehmen positiv Einfluss nehmen können
Viele Unternehmen setzen auf Sanktionen, um Krankheitsausfälle zu reduzieren. Doch diese Herangehensweise halte ich für kontraproduktiv. Stattdessen sollten Unternehmen darauf abzielen, Mitarbeiter zu motivieren und ein angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Betriebsklima verbessern
Ein gutes Betriebsklima beginnt bei der Wertschätzung und endet bei der Flexibilität. Beispiele erfolgreicher Wertschätzungsmaßnahmen gibt es viele: Einige Unternehmen führen regelmäßige Feedback-Gespräche ein, bei denen die Leistungen der Mitarbeiter nicht nur bewertet, sondern auch anerkannt werden. Andere setzen auf gezielte Programme wie „Mitarbeiter des Monats“, bei denen besondere Leistungen öffentlich gewürdigt werden. Ein weiteres Beispiel sind personalisierte Geburtstagsgrüße oder kleine Aufmerksamkeiten wie Gutscheine, die zeigen, dass der Arbeitgeber an den individuellen Menschen hinter der Arbeitskraft denkt. Solche Maßnahmen mögen klein wirken, haben aber oft eine große Wirkung auf die Motivation und das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeiter. Wenn Kollegen einander unterstützen und Vertrauen herrscht, denken viele zweimal nach, bevor sie sich krankmelden – nicht aus Zwang, sondern weil sie ihre Kollegen nicht im Stich lassen wollen. Ein schlechtes Betriebsklima hingegen führt dazu, dass sich Mitarbeiter abkapseln und weniger Verantwortung übernehmen.
Flexibilität und Remote-Arbeit
Flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit, remote zu arbeiten, können ebenfalls helfen. Wer nach einer schlechten Nacht weiß, dass er am Nachmittag produktiv sein kann, fühlt sich weniger unter Druck gesetzt. Solche Regelungen sind nicht nur modern, sondern zeigen auch, dass ein Unternehmen auf die Bedürfnisse seiner Mitarbeiter eingeht.
Gemeinsame Aktivitäten und Rituale
Gemeinsame Rituale wie ein morgendlicher Kaffee oder Team-Frühstücke können den Zusammenhalt stärken. Auch außerhalb der Arbeitszeit bieten sich Aktivitäten an – sei es ein After-Work-Sportprogramm oder ein Team-Event. Solche Veranstaltungen schaffen nicht nur Verbindungen, sondern bauen auch Stress ab.
Zusätzliche Anreize schaffen
Viele Unternehmen belohnen gesunde Mitarbeiter mit Urlaubstagen oder Boni. Zum Beispiel: Für jedes Quartal ohne Krankmeldung gibt es einen zusätzlichen Urlaubstag. Solche Programme zeigen Mitarbeitern, dass ihr Einsatz geschätzt wird, und führen langfristig zu einer sinkenden Krankenquote.
Fazit: Zusammenarbeit statt Misstrauen
Statt Sanktionen und Druck sollten Unternehmen auf Kommunikation, Motivation und Wertschätzung setzen. Jeder Mitarbeiter ist anders – und wer sich als Arbeitgeber für die Bedürfnisse seiner Belegschaft interessiert, wird mit einem loyalen und motivierten Team belohnt. Gemeinsam lassen sich Grenzen überwinden – und das zahlt sich nicht nur für den Krankenstand, sondern für den gesamten Unternehmenserfolg aus.