Wir alle kennen das: Amazon, Google und Co. sind voll von Bewertungen, die mal mehr, mal weniger echt wirken. Manche sind so absurd, dass man sich fragt, ob der Verfasser jemals das Produkt in der Hand hatte. Und dann gibt es die Lobeshymnen, die so überschwänglich sind, dass man fast glaubt, der Autor habe sich ein romantisches Wochenende mit dem Produkt gegönnt. Doch währen wir bei Online-Shops schon skeptisch sind, vergessen viele, dass das gleiche Spiel auch bei Arbeitgeber-Bewertungen läuft. Und manchmal wird das richtig kurios.
Neulich habe ich auf kununu eine Bewertung mit 1,3 Sternen entdeckt. Und was soll ich sagen? Ich hätte es nicht besser formulieren können! Kaum hatte ich die Worte verdaut, tauchte plötzlich ein Arbeitgeber-Kommentar auf – und wie durch Zauberhand erschien gleichzeitig eine neue Bewertung mit 4,8 Sternen. Zufall? Wohl kaum. Besonders witzig wird es, wenn man merkt, dass die hochgelobten Bewertungen klingen, als hätte sie direkt die PR-Abteilung des Unternehmens verfasst. Ich meine, welcher Mitarbeiter schreibt ernsthaft: „Seitdem ich hier arbeite, hat sich mein Leben um 180 Grad verbessert, ich bin glücklicher, gesünder und sehe jetzt zehn Jahre jünger aus!“? Okay, das war übertrieben, aber du verstehst, was ich meine.
Das ist offenbar nicht nur mir aufgefallen. Vor kurzem bekam ich eine Nachricht auf LinkedIn: Ein Bewerber fragte mich ganz direkt, wie es denn wirklich bei diesem Arbeitgeber war. Denn die kununu-Bewertungen seien – sagen wir mal – widersprüchlich. Ich musste lachen. Da schreibt sich ein Unternehmen die Finger wund, um ein strahlendes Arbeitgeberimage zu erzeugen, und am Ende reicht eine einzige ehrliche Nachricht, um das ganze Kartenhaus zum Wackeln zu bringen.
Und genau hier mein Appell an alle Jobsuchenden: Verlasst euch nicht blind auf die Hochglanz-Bewertungen, sondern nehmt euch die Zeit, ehemalige Mitarbeiter zu kontaktieren. Die meisten sind bereit, ehrlich aus dem Nähkästchen zu plaudern – oft sogar mit einer Prise Galgenhumor. Denn wenn jemand eine schlechte Erfahrung gemacht hat, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er sie nicht nur einmal erzählen möchte.
An alle, die das Offboarding verantworten: Denkt daran, dass ein Mitarbeiter nicht ohne Grund geht. Wenn ihr den Abschied professionell und fair gestaltet, hinterlässt das trotz Trennung einen positiven Eindruck. Und wer weiß? Vielleicht rettet ihr euch so die eine oder andere echte gute Bewertung. Oder zumindest vermeidet ihr, dass euer Unternehmen in geheimen WhatsApp-Gruppen als Negativbeispiel herumgereicht wird. Denn mal ehrlich: Die wahre Arbeitgeberbewertung findet nicht online statt – sondern beim Feierabendbier.
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