Gute Leader, schlechte Leader

Am Wochenende hatte ich ein langes Gespräch mit einer Freundin. Sie arbeitet in einem Unternehmen, das sich erst als Marktführer durchgesetzt hat und nun fleißig daran arbeitet, sich selbst abzuschaffen. Und nein, es liegt weder am Produkt noch am Markt. Die Ursache hat Krawatte und reserviert morgens als Erstes den Parkplatz in der Nähe des Haupteingangs: Das Management.

Da frage ich mich jedes Mal: Ist wirklich jede Führungskraft dafür geeignet, Menschen und Teams zu führen? Wahrscheinlich genauso, wie ich dafür geeignet bin, bei einer veganen Grillparty das Fleisch zu wenden. Vielleicht sollten sich einige Manager mal fragen, warum ihre Teams so schlecht performen. Spoiler: Es liegt nicht daran, dass die Kolleginnen und Kollegen lieber im Homeoffice allein an ihrem Schreibtisch sitzen. Nicht mal der Obstkorb oder der verwaiste Tischkicker im Büro helfen da.

Ich persönlich habe mal ein Unternehmen verlassen, weil mir mein Vorgesetzter alle drei Monate mit einer Kündigung gedroht hat. Für ihn war das so eine Art Motivationstechnik – nach dem Motto: „Hopp oder top!“ Für mich war’s eher eine Dauereinladung zum Magenkrampf. Entscheidungen hinterfragen oder kreativ mitdenken? Bloß nicht, wenn du Angst hast, bei jedem kleinen Fehler den Stuhl vor die Tür gestellt zu bekommen.

Als dann wieder diese drei magischen Monate um waren, habe ich ihm in einem Videocall einfach zuvor gekommen: „Ich kündige. Damit du dir das diesmal sparen kannst.“ Sein Gesichtsausdruck? Ein Mix aus Schock und Sprachlosigkeit – echt sehenswert.

Aber zurück zu meiner Freundin: Sie war lange Teamleiterin und wurde dann zur Sales-Assistentin degradiert. Mittleres Management? Braucht das Unternehmen nicht mehr, danke. Als sie dann mit ihrem neuen Chef über ihren neuen Provisionsvertrag reden wollte, kam die Antwort: „Bevor du kündigst, warte doch lieber, bis wir dir die Kündigung geben.“

Ich musste mich am Tisch festhalten, um nicht das Handy fallen zu lassen. Übersetzt heißt das nämlich: „Deine Kündigung liegt hier schon in der Schublade, wir warten nur noch auf den passenden Anlass.“

Das Krasse: Sowohl bei meiner Freundin als auch in meinem Fall wussten die oberen Führungsebenen Bescheid. Und was wurde unternommen? Genau – nichts. Wahrscheinlich denken sie, dass sich Firmen am besten ruinieren, wenn man einfach die inkompetentesten Manager fest im Sattel lässt.

Liebe Führungskräfte: Schaut doch mal in den Spiegel und fragt euch, ob ihr selbst gerne unter euch arbeiten würdet. Seid ehrlich.

Und an alle, die unter solchen Führungskräften leiden: Da draußen gibt es so viele großartige Unternehmen und Manager, die fähige und mitdenkende Leute wirklich zu schätzen wissen. Man muss sich nur trauen, den Absprung zu wagen.

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