Manche Geschichten glaubt man ja erst, wenn man sie selbst erlebt hat. Ich zum Beispiel habe in Unternehmen gearbeitet, da hat der Geschäftsführer pünktlich um 12 Uhr mittags das erste Bier geöffnet. Und nein, das war nicht am Freitag vor Weihnachten, sondern an einem stinknormalen Dienstag im März. Kein Wunder also, dass es zum Feierabend auch mal mehr als ein Feierabendbier wurde. Kunden? Die wurden selbstverständlich mit einer Flasche Sekt „für den erfolgreichen Auftrag“ beglückt. Willkommen in einer Arbeitswelt, in der es völlig normal war, mal leicht angetütert zu verhandeln – oder eben erst vier Stunden nach Arbeitsbeginn aufzutauchen.
Meine Großmutter hätte dazu nur trocken gesagt: „Wer feiern kann, der kann auch arbeiten!“ Heute weiß ich: Stimmt nicht. Jedenfalls nicht dauerhaft und schon gar nicht gesund.
Wenn ich auf die Unternehmen zurückblicke, in denen ich gearbeitet habe, gehörte das obligatorische Bier oder der Champagner zum Feierabend fast schon zur Stellenbeschreibung. Besonders in der Gastronomie war Alkohol gefühlt Teil des Arbeitsvertrags. Als Geschäftsführer und bekennender Weinkenner hatte ich an sechs Tagen pro Woche jeden Abend mindestens eine „Flausche“ Wein intus (Flausche = ein Glas zu viel, für alle, die es noch nicht kennen). Ich bin ehrlich froh, dass daraus keine Sucht entstanden ist und ich heute so gut wie alkoholfrei lebe – ein oder zwei Gläschen gibt’s nur noch zu ganz besonderen Anlässen. Aber mal ehrlich: Dieses Glück hat nicht jeder.
Alkohol in Unternehmen – noch zeitgemäß?
Kommen wir zurück in die schöne neue Businesswelt: Wie oft habe ich schon Sektflaschen an Kunden geschickt und mich gefragt:
„Will der das überhaupt?“
„Führe ich hier jemanden vielleicht sogar in Versuchung?“
Angesichts der Zahlen lohnt sich diese Frage mehr denn je: Rund 15 % der Bundesbürger haben einen riskanten Alkoholkonsum. Ich möchte ganz sicher nicht verantwortlich sein, wenn bei irgendjemandem wegen meiner gut gemeinten Aufmerksamkeit eine Familienkrise ausgelöst wird. Ganz abgesehen davon, dass wir als Unternehmen eine echte Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern und Kunden haben – und die hört nicht bei Alkohol auf.
Als ich damals ein neues Büro für die oben genannte Firma eröffnet habe, war für mich klar: Bei uns gibt’s Wunschgetränke – aber ohne Alkohol. Im Vorstellungsgespräch habe ich das immer offen kommuniziert. Manch einer fand das super, andere fanden’s… naja… befremdlich. Aber ich stehe dazu.
Alternative Kundengeschenke: Mehr Nachhaltigkeit, weniger Kater
Und es geht auch anders! Heute verschenke ich lieber hochwertige Flaschen Olivenöl, direkt vom Produzenten, den ich persönlich kennenlernen durfte. Natürlich mit einem schicken Branding meines kleinen RekruTiers. So wird beim nächsten Kochen nicht nur die Pasta lecker, sondern auch die Erinnerung an mein Unternehmen wieder wach.
Das Prinzip ist simpel: Statt Sekt und Schnaps einfach auf originelle, nachhaltige Alternativen setzen. Ich erinnere mich da auch gern an eine der größten deutschen Jobbörsen – die haben mir regelmäßig Tassen geschickt. Immer dieselbe Form, aber jedes Mal ein neues, witziges Motiv. Wie bei Omas Sammeltassen, nur eben moderner. Und jedes Mal, wenn ich morgens Kaffee daraus trinke, denke ich: „Ach, die guten Leute von Jobware.“
Genau das ist der Effekt, den wir erreichen sollten!
Verantwortung statt Vollrausch
Unternehmen sollten heute mehr denn je alkoholfrei denken. Es geht nicht darum, den Leuten das Gläschen Wein zu verbieten, sondern ihnen die freie Entscheidung zu lassen. Keine soziale Pflicht, kein schiefer Blick, wenn man eben lieber ein Wasser oder einen Kaffee nimmt.
In diesem Sinne: Jammas! (Das heißt „Prost“ auf Griechisch – aber natürlich alkoholfrei.)
Und lasst euch lieber ein gutes Olivenöl schmecken – das kann auch am nächsten Tag noch genossen werden. 😉
Schreibe einen Kommentar